Resiliente und nachhaltige Proteinproduktion – »FutureProteins«
Geschlossene Agrarsysteme für eine umweltschonende Proteinversorgung
Die intensive Landwirtschaft der letzten Jahrzehnte hat mit dem Einsatz großer Mengen an Düngemitteln und Pestiziden in der Umwelt Spuren hinterlassen, die in Kombination mit den Folgen des Klimawandels in der Zukunft besonders die Proteinversorgung verändern werden. In der westlichen industrialisierten Welt sind tierische Nahrungsmittel, die mit einem hohen Energieaufwand und einem hohen Einsatz an Futtermitteln, insbesondere aus Soja, produziert werden, derzeit die Proteinquelle Nummer eins. Um Proteine ressourcenschonend und nachhaltig zu erzeugen, erfordert das die Erschließung alternativer Proteinrohstoffe. »FutureProteins« setzt sich zum Ziel, für die Erzeugung von Proteinrohstoffen geschlossene Agrarsysteme zu entwickeln, in denen auch Nebenströme wertgebend genutzt werden. Die Herausforderung ist, dafür wirtschaftlich effiziente und industriell umsetzbare Systeme und Prozesse zu schaffen.
Pflanzen, Insekten, Pilze und Algen als Proteinrohstoffe
Pflanzen (z. B. Kartoffeln, Weizengras und Luzerne), Insekten, filamentöse Pilze und Mikroalgen stehen im Fokus der Forschung von »FutureProteins«. Neben einem hochwertigen und ausgewogenen Aminosäureprofil und guten Verarbeitungseigenschaften sind die sensorischen Eigenschaften von alternativen Proteinen entscheidend für den Einsatz in Lebensmitteln. Alle genannten Proteinquellen besitzen ein eigenes Geschmacks- und Geruchsprofil, das von Verbrauchern häufig als störend empfunden wird. Teil des Projektes ist es daher, die unangenehmen sensorischen Eigenschaften der alternativen Proteinrohstoffe zu verbessern und damit für Lebensmittel nutzbar zu machen. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollen in »FutureProtein« vier geschlossene Anbausysteme entwickelt werden, die eine ganzjährige und klimaunabhängige Produktion möglich machen und damit hoch effizient, resilient und nachhaltig sind:
- Vertical Farming für Pflanzen
Mit dieser Anbauweise können 95 % des Wasserverbrauchs und 50 % des Düngerbedarfs eingespart werden. Pestizide werden durch das geschlossene System unnötig. Für eine hohe Energie- und Kosteneffizienz des Vertical Farmings entwickeln Wissenschaftler im Rahmen von »FutureProtein« ein hybrides Beleuchtungssystem für die Pflanzen. Sonnenlicht und LED-Belichtung werden hier dynamisch kombiniert. - Insect Farming für Insekten
Die Herausforderung hier stellt die Verhinderung des Eintrags von insektenpathogenen Keimen dar, um einen Verzicht von Antibiotika und Pestiziden zu ermöglichen. Dafür entsteht in »Future Protein« ein komplexes Überwachungssystem, das die Insektenaufzucht vor Insektenpathogenen schützt. - Bioreaktoren für Pilze
Bei der Kultivierung von Pilzen entstehen durch die Bereitstellung geeigneter Nährmedien hohe Kosten. In »FutureProtein« werden Nährmedien durch Kreislaufführung von Prozessnebenströmen unter dem Kostenaspekt optimiert. - Photobioreaktoren für Algen
Forschungsziel ist es hier, eine KI-gesteuerte automatisierte Belichtung für die Algenkultivierung zu entwickeln, die die Lichtausbeute optimiert und so den Energieaufwand senkt.
Geschlossene Agrarsysteme als kosteneffiziente und geschlossene Kreisläufe
»FutureProtein« forciert bei allen Anbausystemen eine geschlossene Kreislaufführung. Beim Herstellprozess anfallende Nebenströme werden einer wertschöpfenden Nutzung zugeführt z. B. sollen Pflanzenreststoffe aus dem VerticalFarming oder Nebenströme der Proteingewinnung wertgebend als Kultivierungssubstrat für Insekten, Pilze oder Algen genutzt werden.
Hochwertige Lebensmittel mit neuen Proteinrohstoffen
Jeder Proteinrohstoff bietet bei der Verarbeitung spezielle Herausforderungen. Die einzelnen Rohstoffe unterscheiden sich sowohl in den sensorischen als auch in den funktionellen Eigenschaften. Beispielsweise eignet sich Kartoffelprotein mit seinen guten gelbildenden Eigenschaften hervorragend für die Herstellung von Fleischalternativen, während für die Herstellung von Milchproduktalternativen eher die emulgierende Wirkung von Leguminosenproteinen gefragt ist. Die Eigenschaften der Proteine lassen sich durch gezielte Verarbeitungsschritte und geeignete Kombination verschiedener Proteinquellen beeinflussen. Das Fraunhofer IVV forscht für die Optimierung der Proteineigenschaften an spezifischen Extraktions- und Modifikationsverfahren. Die Proteine werden sowohl auf ihre sensorischen als auch funktionellen Eigenschaften analysiert. Mit den Untersuchungsergebnissen wird eine Funktionalitäts-Sensorik-Matrix erstellt. Damit kann die Rohstoffauswahl maßgeschneidert für jede Applikation erfolgen. Eine weitere wichtige Forschungsaufgabe ist die Entwicklung von Rezepturen (z.B. Fleischalternativen, Milchproduktalternativen, Back- und Teigwaren) für geschmackvolle Lebensmittel mit einer hohen Verbraucherakzeptanz.
Beurteilung der Nachhaltigkeit und Schließung von Stoffkreisläufen
Darüber hinaus werden die entwickelten Agrarsysteme und Proteingewinnungsverfahren hinsichtlich ihres Ressourceneinsatzes sowie ihrer Nachhaltigkeit im Vergleich zu konventioneller Erzeugung beurteilt. Auch die Schließung von stoff- und Energiekreisläufen ist Teil des institutsübergreifenden Forschungsprojektes.